Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil v. 21.4.2022 (Az. BFH V R 48/20) seine bisherige Rechtsprechung zur Umsatzsteuerpflicht bei Sportvereinen geändert.
Bisher waren Sportvereine vor dem Fiskus privilegiert, sie konnten aus der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie eine Steuerfreiheit ableiten und mussten daher grundsätzlich keine Umsatzsteuern zahlen. Mit der neuen Entscheidung ändert sich dies.
Das Urteil geht zurück auf die Klage eines Golfclubs aus dem Landkreis Landsberg am Lech. Neben Mitgliedsbeiträgen hatte dieser weitere Gebühren erhoben, u.a. für Teilnahme an Turnieren, die Platznutzung oder die Leihe von Golfbällen. Dies dürfte auch in vielen anderen Sportvereinen in der Bundesrepublik gängige Praxis sein. Das örtlich zuständige Finanzamt erhob für die „gesondert vergüteten Leistungen“ Umsatzsteuern, wogegen der Verein vor dem Finanzgericht München vorging. In zweiter und letzter Instanz urteilte nun der BFH.
Die Entscheidung des für Umsatzsteuersachen zuständigen V. Senats betrifft unmittelbar Leistungen eines Sportvereins, welche gegen eine gesonderte Vergütung vom Verein erbracht werden. Nach nationalem Recht sind Zusatzleistungen umsatzsteuerpflichtig, u.U. sogar auch Mitgliedsbeiträge. Das EU-Recht hingegen sieht eine Öffnungsklausel vor, wenn die Dienstleistung „in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung“ stehe. Nach einer Vorlage des BFH an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschied dieser jedoch, dass sich Sportvereine nicht länger unmittelbar darauf berufen können, weil der deutsche Gesetzgeber diese Öffnungsklausel bisher nicht in nationales Recht umgesetzt hat. Anders als EU-Verordnungen gelten EU-Richtlinien gem. Art. 288 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht unmittelbar, sie müssen von den nationalen Gesetzgebern, also dem Deutschen Bundestag, zunächst in deutsches Recht umgesetzt werden. Demgemäß musste der BFH allein das deutsche Recht anwenden, ohne auf die Öffnungsklausel aus der EU-Richtlinie zurückgreifen zu können.
Laut Pressemitteilung des BFH vom 12.5.2022 hat das Urteil grundsätzliche Bedeutung für die Umsatzbesteuerung im Sportbereich. Der Rechtsprechung von EuGH und BFH zufolge sind obig genannte Leistungen entgegen der ständigen Verwaltungspraxis besteuerbar, sodass die Sportvereine nun mit einer Besteuerung von Leistungen rechnen müssen, die nicht eine sportliche Veranstaltung im Sinne von § 4 Nr. 22 lit. b) UStG sind. Dem EuGH nach setzt eine Steuerfreiheit im Sportbereich des Weiteren voraus, dass im Falle der Auflösung des Sportvereins das Vereinsvermögen nur zweckgebunden verteilt werden könne.
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